Christen befinden sich derzeit mitten in der Fastenzeit. Sie beginnt am Aschermittwoch und endet zur Ostermette. Während 40 Tagen sollen alle Katholiken, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und noch keine 60 Jahre alt sind, fasten.

Damit wir uns richtig verstehen, Fasten hat nichts mit Diät oder Schlankhungern zu tun. Bei Letzterem dreht sich alles alleine um den Körper – oder das, was davon übrig bleiben soll. Wenn Christen fasten, dann enthalten sie sich in Bußzeiten ganz oder teilweise der Nahrung. Durch die Abwendung von sinnlichen Genüssen wollen sie die Sinne frei machen für neue religiöse Erfahrungen und empfänglicher für Spirituelles werden. Verhungern müssen die fastenden Christen aber nicht, sie dürfen eine volle Mahlzeit pro Tag und zwei kleinere Stärkungen zu sich nehmen. Zudem sollen zur Erinnerung an den Tod Jesu Christi an Freitagen keine Fleischspeisen gegessen werden.

Der Kölner Theologe Manfred Becker-Huberti hat sich intensiv mit dem Fastenbrauchtum beschäftigt und weiß zu berichten, dass im Mittelalter viel strengere Fastenregeln üblich waren als heute. Fleisch- und Milchprodukte und Eier, die übrigens als flüssiges Fleisch galten, waren damals verboten. Aber wie stand es um den Verzehr von Süßem, zum Beispiel Schokolade? Eine Frage, die fastende Christen brennend interessieren dürfte – besonders im Schokoladenland Belgien.

1569 hatten die Bischöfe Mexikos einen Gesandten zu Papst Pius V. in den Vatikan geschickt. Pius sollte entscheiden, ob das für Europäer neue Getränk mit dem aztekischen Namen Xocoatl (herbwürziges Wasser) in der Fastenzeit überhaupt getrunken werden dürfe. Der Papst – nicht besonders begeistert – kostete von dem braunen, ungesüßten Gebräu, das für ihn ganz offensichtlich keine sinnliche Verführung war. Er soll gesagt haben: “Potus iste non frangit jejuniumô – Schokolade bricht das Fasten nicht. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kam das Thema “Schokolade in der Fastenzeitô erneut auf den Tisch. Dominikaner und Jesuiten stritten um den vorösterlichen Schokoladegenuss. Die sinnenfrohen Jesuiten konnten sich schließlich 1662 durchsetzen.

Fastende Christen brauchen also nicht die Straßenseite zu wechseln, bevor sie an einem Pralinenladen vorbeigehen. Fasten ist auch mit Schokolade erlaubt – unter der Bedingung, dass deren Verzehr als volle Mahlzeit oder kleinere Stärkung zählt.

der Aschermittwoch: aswoensdag.

flüssig: vloeibaar. herbwürzig: bitter en geurig.

die Nahrung: voeding.

die Ostermette: ochtend van Pasen.

(das) Ostern: Pasen.

die Starkung (hier): kleine maaltijd.

sinnenfroh: zinnelijk. die Verführung: verleiding.

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